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Fuge

14 Orgelpfeifen auf Dreibeinen, 1991, ca. 250 x 120 cm
(Werk verschollen)

Die Welt ist Klang. Und sie ist es umso mehr, je größer der Überfluss in einer Kultur des Sehens zunimmt! Aber inzwischen gibt es etwas wie die Unentrinnbarkeit des städtischen Lärms. Jene monströse rauschende Tonalität, die die psychoanalytische Erkenntnis als graues Geräusch bezeichnet, dem wir verzweifelt zu entfliehen versuchen. In diesem Zusammenhang ist auch Wand-Installation zu verstehen, die aus 14 alten ausgesonderten Orgelpfeifen aus dem Kloster Lehnin besteht, denen Paul Pfarr eine Normaluhr aus einem abgerissenen Fabrikgebäude hinzufügte. Eine Installation, die auf den Verlust der Stille hinweist. Die an die Tektonik der Zeit und an die Baukunst der alten Musik erinnert. Und es ist die Tonlosigkeit der Orgelpfeifen – im Gegensatz zu dem hörbaren Fortrücken des Uhrzeigers – die uns das Fehlen der Fuge bewusst macht und vor allem an „Die Kunst der Fuge“ von Johann Sebastian Bach zurückdenken lässt: jenes mehrstimmige Tonstück, welches dasselbe Thema in verschiedenen Tonlagen durch sämtliche Stimmen hindurchführe.

Der Titel als Ankündigung. Als thematischer Schlüssel einer demonstrativen Verweigerung. Was zusätzlich irritiert und fasziniert, ist die dem Bewusstsein entzogene Unmittelbarkeit von vorhandenen Orgelpfeifen und einer wohlvertrauten Normaluhr: das Arrangement von Objekten, die sich erfahrungsgemäß und naturbedingt niemals begegnen oder etwas gemein haben. Doch das Abwesende – die Fuge – wird durch ihr zugehörenden Orgelpfeifen verbindlich und hörbar gemacht. Ein platonisches, fiktives Erlebnis, das uns in der Unbewusstheit der grauen Gräuschwelt längst verloren ging.

Walter Aue, Textauszug aus dem Katalogtext von Orte. Gegenstände. Paul Pfarr, Seite 58

An der Arbeiten zu „Fuge“ lässt sich der experimentelle Charakter seiner Arbeitsweise gut nachvollziehen. Ursprünglich hatte Paul Pfarr die Orgelpfeifen für im Außenraum geplant und deren Aufbau an verschiedenen Orten getestet. Zuerst stellte er sie auf dreibeinigen Stativen montiert auf das Dach seines Ateliers am Nonnendamm, später gab es eine Probegestellung auf einem Feld. Der Wind drehte die Orgelpfeifen wie desorientierte Kompassnadeln hin und her, was zu sich ständig ändernden Konstellationen führte, die sehr interessant waren. Gedanklich durchspielte Paul Pfarr auch ein Version, in der die Orgelpfeifen mit Schläuchen an ein Gebläse angeschlossen werden sollten, die die Pfeifen zum Erklingen bringen sollte – eine Idee, die er sehr schnell wieder verwarf, weil sie das Werk in eine komplett andere Richtung geführt hätte. Erst mit dem Hinzufügen der Normaluhr wurde die Installation zu einem Monument, das uns an die Zerstörung der Stille gemahnen soll.