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Die klar umrissenen Dinge

Stahl / Gusseisen, 1989, 214 x 289 x 217 cm

„Die klar umrissenen Dinge stärken uns“, schreibt Fernando Pessoa. Und er meint damit den Verbrauch von Authentizität, die Auflösung und Verflüchtigung von Wirklichkeit, die uns schwächt. Was not tut, ist nicht die fest umgrenzte Silhouette der Gegenständlichkeit, oder des jeweilige Ortes , sondern der genau konturierte übersichtliche Umriss eines Gedankens, eine Empfindung. Und so bewahrheitet sich, dass Sehen Glauben heißt und ich die fraktale Geometrie des Computer meint: Paul Pfarr hat im Hinblick auf diese Erkenntnisse zwei massive Stahlkonstruktionen in der Größe von ca. zwei mal zwei Metern gebaut, in die er eine Anzahl gusseiserne, mit Sand und erde überkrustete Rohre einfügte, die die Arbeiter der Berliner Wasserwerke us dem Erdboden ausgegraben haben. Und was für Antiken-Körper, als hätte man sie vom Meeresgrund emporgeholt. Antiformen, die das bestehende Wertesystem unserer kunstgeschichtlichen Kategorie völlig außer Kraft setzen. Die zweite Stahlkonstruktion baute er waagerecht und ebenerdig in den Raum hinein und füllte die freistehenden Skupturenteile mit dem Trümmerschutt zerbrochener Schamotteplatten aus. Und hier zeigt sich wieder, was man als „Handschrift“ von Paul Pfarr bezeichnen könnte: das klar Umgrenzte und das Metaphysische. Die exakte, fast mathematische Geometrie und im Inneren das Chaos, die grenzenlose Emotion, das Lebende und das Leblose. Die Stärke und die Schwäche als gegenseitige und notwendige Ergänzung. Und hier wird deutlich, dass Paul Pfarr – der hier in Berlin schon mehrere großstädtische Raum-Konzepte verwirklichte – ein außerordentlich befähigter, räumlich denkender Künstler ist, der selbst die gegensätzlichsten Phänomene architektonisch verbinden kann. Und was Pessoa als poetische Formel verkündet, wird hier mit dem alleralltäglichsten Material umgesetzt, in dem die formale Ästhetik vom Paul Pfarr nicht als Zeitgeist, sondern als eine moralische Kategorie verstanden wird. Und wie recht er hat: „Aktualität“, sagt Machado, „ist der Wind in den Augen Homers.“ Er wechselt in beliebiger Weise und ist ohne Bestand und trübt vorübergehend das Auge des Schauenden. was für ein Irrtum zu glauben, dass die Sprache unserer Dichter die einzige Mitteilungsform für eine Botschaft sein könnte: manchmal genügt – wie bei Paul Pfarr – ein Stück Stahl und das Trümmerstück eines abgerissenen Ofens.

Walter Aue, aus: Orte. Gegenstände. Paul Pfarr, Seite 16, ISBN 3-929 902-59-1