Bestimmte Gegenstände wirken auf Paul Pfarr provokant. Im Gegensatz zu den Künstlern aber, die solchen Gegenständen bereits Kunstcharakter zuerkennen, setzt bei ihm ein Transformationsprozess ein. Ich möchte das an einem Beispiel verdeutlichen. 1974 fand er eine Ansammlung von ausgedienten hölzernen Hackklötzen (wie sie in Schlachtereien Verwendung finden) mit gedrungenen, gespreizten Beinen und gebuckelter Oberfläche. Es braucht sicher nicht viel Fantasie, um sich das Hantieren mit einem Beil vorzustellen, das den Hauklötzen ihr geschundenes Aussehen gab. Tiefe Täler, wo das Eisen am öftesten niederschlug, Einkerbungen auf der gesamten Fläche wie Narben auf einer lebendigen Haut. Für Pfarr werden solche plastisch sprechenden Dinge in gewisser Weise und mit Vorsicht gesagt zu Wesenheiten. Sie tragen die Botschaft in sich, die vernehmen zu wollen jedem freigestellt bleibt. Pfarr vernimmt sie jedoch nicht nur, sondern hebt sie hervor, stellt sie – im Verändern des Gegenstandes und damit der Qualität der Aussage – ins Licht.

Im Falle der Hackklötze ist Folgendes geschehen: Pfarr überzieht die schrundige Oberfläche mit Bleiblech, macht die Narben sichtbarer, transportiert die Situation in ein anderes verfremdetes Material und gruppiert die Klotzwesen zu einer herdenähnlichen Formation. Als Herde gewinnen sie das Aussehen von Tieren, Opfertieren, stellvertretend für die Kreatur selbst. Die Imaginationskraft lässt beides hautnah spürbar werden. Lebendige Kreatur und Leiden, Schlachtvieh und Schlachtvorgang. Assoziationen, die selbstverständlich nicht auf ihren ursprünglichen Zusammenhang beschränkt bleiben, vielmehr Strukturen passiven Widerstands widerspiegeln. Mit der Gruppe ist ein essenzielles Motiv im Werk von Paul Pfarr angesprochen. Gesellschaftliche Vorgänge verbunden wiederum zur ambivalenten Aussage. Ebenso wie Herde in Horde umschlagen kann, was vermutlich etymologisch gemeinsame Wurzeln hat, sind auch Passion und Aggression dialektische Begriffe.

Lucie Schauer, in: Paul Pfarr – Arbeiten 1971–84, Seite 7–8